Pilgersdorf
Basisdaten
Einwohner: 589*
Ausdehnung: 1.199,91 ha
Seehöhe: 375 m
* Stand 31.12.2022
Pilgersdorf liegt am Zöbernbach zwischen Kirchschlag in der Buckligen Welt und Lockenhaus.
Fotos aus dem Ortsteil Pilgersdorf
Geschichte
Aus der frühgeschichtlichen Zeit ist über das Gebiet der heutigen Großgemeinde Pilgersdorf wenig bekannt. Es kann jedoch angenommen werden, dass es in den ersten vorchristlichen Jahrhunderten von Kelten besiedelt war. Die Römer, die in den ersten drei nachchristlichen Jahrhunderten unser Gebiet beherrschten, hatten bereits eine Straße errichtet, die von Savaria kommend über den Höhenrücken zwischen Rabnitz-und Zöberntal und die Höhen der Buckligen Welt ins Pittental und Wiener Neustädter Becken führte. An die Römer erinnert auch noch ein kleiner Friedhof auf dem Areal der alten Schule. Zur Zeit der Völkerwanderung (ab dem 4. Jhdt. n. Chr.) zogen hier sicherlich Germanenstämme und Hunnenscharen durch und wurden auch vorübergehend sesshaft. Um 600 n. Chr. kamen die Awaren und die von ihnen unterworfenen Slawen auch in unser Gebiet. An Letztere erinnern noch die Flussnamen Rabnitz und Schiernitzbach. Nach der Zurückdrängung der Awaren durch Karl den Großen setzte die erste deutsche Kolonisation durch fränkische und bajuwarische Siedler ein. Unser Gebiet kam damals unter den Einfluss der Bistümer Passau und Salzburg. Pilgersdorf wird als „Brunnaron an der Zöbern" bereits im Jahr 844 im Salzburger Urkundenbuch erwähnt und ist somit die älteste urkundlich genannte Gemeinde des Burgenlandes. Im Jahre 844 schenkte König Ludwig der Deutsche (+ 876) seinem Kanzler, dem Priester Dominikus, Besitzungen zu Brunnaron am Zöbernbach, die der Kleriker Ratpero innehatte. Brunnaron bedeutet wohl „bei den Brunnen, bei den Quellen". In Pilgersdorf gab es bis vor einigen Jahrzehnten mitten im Ort drei Quellen, deren Wasser zur Versorgung von Mensch und Vieh verwendet wurde. Die aus dem Westen kommenden Kolonisten der Karolingerzeit werden diese Quellen bewusst für ihre neue Siedlung ausgesucht haben. Die drei Quellen waren also der Grund für die Gründung von Brunnaron und gaben dem Ort auch den Namen. Der Kleriker Dominikus erbaute hier eine Kirche über dem römischen Friedhof, die „Ecclesia Minigonis" (Kirche des Dominikus), die 860 zur Erzdiözese Salzburg gehörte und im Salzburger Urkundenbuch genannt wird.
Im Jahr 1975 entdeckte man, als Pilgersdorf sein 750 jähriges Bestehen feierte, mitten in der Gemeinde beim Abreißen der alten Schule mächtige Mauern einer großen romanischen Kirche, die um 1200 errichtet worden war. Aber auch die Fundamente einer noch älteren Kirche und Spuren einer karolingischen Vorgängerkirche konnten freigelegt werden. Im 10. Jahrhundert wurde auch das mittlere Burgenland von raubenden und plündernden Magyarenhorden heimgesucht. Ob und in welchem Ausmaß unser Tal entvölkert wurde, lässt sich nicht feststellen. Wahrscheinlich ging mit dem Namen Brunnaron auch die ganze Siedlung zugrunde. Nachdem die Magyaren um das Jahr 1000 sesshaft und durch Heiraten mit deutschen Adelsfamilien verwandt geworden waren, gestatteten sie eine Neubesiedlung Westungarns (2. Kolonisation). Vor allem deutsche Bauern aus dem oberen Donaugebiet ließen sich im Zöberntal nieder.
Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes unter dem Namen „Pylgrim" stammt aus dem Jahr 1225. In einer Schenkungsurkunde bestätigte der ungarische König Andreas II. dem Kloster Marienberg allerlei Gebietszuwendungen und beschrieb darin die Grenzen des klösterlichen Besitzes genau. An einer Stelle der Urkunde heißt es: „die Grenze steigt ein wenig gegen Osten zur Straße, die aus Pylgrim kommt, an". Der Name Pylgrim hat mit Pilgern oder Wallfahrern nichts zu tun, vermutlich leitet er sich vom Namen des Anführers jener Bauernkolonne her, die sich hier angesiedelt hatte und nach dem der Ort benannt wurde. Oder der Ort erhielt diesen Namen nach dem damals sehr angesehenen Bischof Pilgrim von Passau.
Zur Zeit der „Güssinger Fehde" war „Pilgreimsdorf' ein befestigter Ort, der vom österreichischen Herzog Albrecht 1289 erobert wurde, als er gegen den Güssinger Grafen Johann zu Felde zog. Auch die romanische Kirche wurde zerstört. Ab dem Jahr 1390 gehörte Pilgersdorf zur Herrschaft Lockenhaus. In einer Belehnungsurkunde an die Brüder Kanizsay aus diesem Jahr wurde „Pergelim" als ein zur Herrschaft gehörendes Mautdorf erwähnt. Bei dieser Belehnung wurden die Ortsteile Deutsch Gerisdorf, Bubendorf und Salmannsdorf zum ersten Mal urkundlich genannt. Diese drei Siedlungen hatten bis ca. 1660 einen gemeinsamen Richter (= Bürgermeister).
Im Jahr 1397 wurde der Ort „Pereglyn", 1457 „Pellegrem teutonice" (dt.: Pilgrimstorff), 1519 „Pergelyn", im 16. Jhdt. „Pergelen", 1608 „Peörgeölem", 1661 „Pörgölin", 1697 „Plajgerstorff', 1702 „Püllgersdorff`, ab 1670 zumeist aber „Pilgerstorff` und auf Ungarisch „Pörgölin" genannt.
1447 wurde die Gemeinte Pilgersdorf von den Kanizsay an die Pottendorfer, die damaligen Herren von Kirchschlag und Krumbach, verpfändet. Als Güns 1532 von den Türken wochenlang erfolglos belagert worden war, hatte die ganze Umgebung unsäglich zu leiden. Auch Pilgersdorf wurde ausgeraubt und geplündert.
1535 kamen Pilgersdorf und alle anderen Orte der Herrschaft Lockenhaus durch Heirat an das Adelsgeschlecht Nádasdy. Von ungefähr 1570 bis 1650 war die ganze Gegend evangelisch, wie es der Grundherr verlangte. Als sich Franz III. von Nádasdy ab 1643 für die Rekatholisierung seiner Herrschaft einsetzte, nahm er den Lutheranern die alte Kirche und die Schule weg und setzte einen katholischen Pfarrer ein. Nach einer Beschwerde beim Reichstag in Ödenburg (1649) erhielten die Evangelischen alles wieder zurück, aber nur für kurze Zeit.
Gegen Ende des 16. Jhdts. führte Graf Franz II. von Nádasdy, der Obergespan des Komitates Eisenburg, in der Herrschaft Lockenhaus umfangreiche Rodungen durch. Da die Bewirtschaftung dieser Rodungsgründe von den Untertanen von Deutsch Gerisdorf, Bubendorf, Salmannsdorf und Pilgersdorf aus unwirtschaftlich war, gründete der Grundherr die Siedlungen Kogl, Lebenbrunn und Steinbach und unterstellte sie (bis ca. 1660) dem Richter von Pilgersdorf.
Im Jahr 1605 verwüsteten die aufständischen Horden des Siebenbürger Fürsten Stefan Bocskay - Hajducken und türkische Hilfstruppen - die meisten Orte des Zöberntales. In dieser Zeit lebten die Bewohner unseres Tales vor allem von der Landwirtschaft und von der Viehzucht (hauptsächlich Kleinvieh). Es gab nur wenige Handwerker (Müller, Schmiede, Wagner, Zimmerer, Weber, Schuster, Hafner und Fuhrleute).
Um die Mitte des 17. Jhdts. ließen sich in unserer Gegend österreichische, steirische und Kärntner Adelige (Speidl, Preinberger, Mensdorff, Hohenwart, Hodon, Globitzer) nieder, die aus religiösen Gründen ihre Heimat verlassen mussten. Franz von Nádasdy nahm sie in seine Herrschaft auf und verpfändete oder verschrieb ihnen Besitzungen. Pilgersdorf (auch die anderen Ortsteile) wurden an die Familie Speidl verpfändet, die sich 1642 ihren Freihof (adelige Kurie) im Osten des Ortes, gegenüber der Kirche, erbaute. Um 1661 gelangte das „Große Haus", wie es vom Volk genannt wurde, an die Preinberger. Auf einem Kupferstich, der von Matthias Greischer im Jahre 1687 angefertigt wurde, ist dieses Herrschaftshaus abgebildet. Beim großen Brand des Jahres 1855 wurde es vollständig eingeäschert und nicht mehr aufgebaut.
Von 1676 an waren die Esterházy die Grundherren der Herrschaft Lockenhaus.
1832 wütete die Cholera in unserer Gegend, das Cholerakreuz an der Grenze erinnert noch heute daran. Weder die Sperre der Grenze noch Sicherheitskordons und strenge Hygienevorschriften konnten ihre Ausbreitung verhindern.
Um die Mitte des 19. Jhdts. ging die Grundherrschaft zu Ende und die Menschen wurden freie Bürger, erwarben und bewirtschafteten nun eigenen Grund und Boden. Viele sahen aber anderswo bessere Zukunftsaussichten und wanderten deshalb nach Amerika, Kanada, Österreich oder Slawonien aus, besonders viele Einwohner von Deutsch Gerisdorf und Pilgersdorf. Auf Grund vieler Brandkatastrophen in der 2. Hälfte des 19. Jhdts. wurden ab 1890 Feuerwehren gegründet.
Als das Burgenland 1921 an Österreich angeschlossen werden sollte, kam es im Zöberntal zu heftigen Kämpfen mit den ungarischen Freischaren. Die Bevölkerung hatte unter den Kämpfen (Schlacht bei Kirchschlag) und der Willkürherrschaft der Freischärler arg zu leiden. Die beiden Weltkriege forderten in allen Ortsteilen viele Opfer, viele Männer fielen, auch einige Zivilpersonen kamen um. In den letzten Märztagen des Jahres 1945 ging für unsere Gemeinde der Zweite Weltkrieg zu Ende.
In den nächsten Jahrzehnten begann ein reger Auf- und Ausbau der Gemeinde. Wasserleitungen und Kanalisation wurden gebaut und die Orte wurden mit elektrischem Strom versorgt. Aber viele, die bisher als Bauern oder Handwerker gelebt hatten, wurden nun zu Pendlern, weil sie nur so ihren Lebensunterhalt verdienen konnten.
Seit dem Jahr 1971 bilden die 6 umliegenden Gemeinden Bubendorf, Deutsch Gerisdorf, Salmannsdorf, Steinbach, Lebenbrunn und Kogl mit unserem Dorf zusammen die Großgemeinde Pilgersdorf.
Die Infrastruktur wurde in den folgenden Jahren laufend verbessert. Die Errichtung der Kanalisation wurde in Angriff genommen. Güterwege, Gemeindestraßen und Straßenbeleuchtung wurden gebaut bzw. ausgebessert und die Trinkwasserversorgung verbessert. 1970-1973 wurde die Pfarrkirche Pilgersdorf großzügig erweitert. Um während der Umbauphase Gottesdienste abhalten zu können, wurde eine Art Notkirche errichtet. Dieses Gebäude wurde in der Folge umgebaut und dient heute als Pfarrheim. Der Bau einer neuen Volksschule (1970-1975) war notwendig, weil aufgrund der niedrigen Schülerzahlen die Schulen der Ortsteile (außer Deutsch Gerisdorf) geschlossen wurden. In der Volksschule Pilgersdorf ist auch der Kindergarten untergebracht (2 Gruppen). Weiters ist auch eine Filiale der Musikschule Oberpullendorf angeschlossen. Das alte Volksschulgebäude wurde abgetragen, dabei stieß man auf die eingangs genannten Reste zweier alter Kirchen. Neben dem Bau neuer Feuerwehrhäuser wurde auch einiges auf dem Gebiet der Ortsbildpflege geleistet, was man z.B. an der Gestaltung des Kriegerdenkmals, des Dorfbrunnens und des Kirchenplatzes sehen kann. Seit dem Ausbau der Ortsdurchfahrt hat sich dank der Errichtung eines durchgehenden Gehsteiges die Sicherheit der Fußgänger erhöht. In den einzelnen Ortsteilen sorgen umsichtige Verschönerungsvereine für ein gepflegtes Aussehen der Dörfer. Das riesige Güterwegenetz wurde staubfrei gemacht. Auch Wasserschutzmaßnahmen wurden mit der Errichtung von Rückhaltebecken getroffen. Es wurden Grundstücke angekauft; dort können jetzt Hausplätze angeboten werden.
Das neue Gemeindezentrum, das im Juni 2003 eröffnet wurde, ist Anlauf- und Kommunikationsstelle für Jung und Alt. Das Gebäude selbst fügt sich perfekt in das Ortsbild ein und beherbergt das Gemeindeamt, den Proberaum der Jugendblasmusik (im Keller), Trauungsraum, Sitzungssaal, einen Ausstellungsraum, eine Bücherei im Obergeschoss sowie eine Galerie und einen Veranstaltungsraum, der mit dem Foyer verbunden auch größere Veranstaltungen aufnehmen kann.
In den letzten Jahrzehnten ist es Pilgersdorf gelungen, viel zu erreichen. Die Verleihung eines eigenen Gemeindewappens war der Höhepunkt bei den Feierlichkeiten der Eröffnung des Gemeindezentrums. Daraus wollen die Pilgersdorfer die Kraft schöpfen, um gemeinsam die Zukunft der landschaftlich reizvollen Gemeinde zu gestalten.